• 11. November 2012

Seminar in Wien

Ich lasse den Fasching Fasching sein und mache mich allein auf die Reise nach Wien, denn das Sachverständigenkuratorium hat erneut zu einer Tagung, diesmal an den Wirkungsort von Frau Professor Aurich, eingeladen.

Das Thema lautet: "Reitpferdebeurteilung" und Haupt-Referent ist der mir vor allem aus seinen vielbeachteten Beiträgen im "Züchterforum" bekannte Christian Schacht.

Ich klinke mich beim gemeinsamen Abendessen ein und kann nur bestätigen, was eine Teilnehmerin so schön formulierte: "Ich komme - abgesehen vom Inhalt der Referate - so gern her, weil ich bei kaum einer anderen Veranstaltung auf so viele Gleichgesinnte treffe. Pferdeleute ticken einfach ein bisschen anders und es tut gut, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen." Das kann ich uneingeschränkt bestätigen. Stelle nur fest, dass ich mit Papierfotos meiner Lieben recht hinterwäldlerisch gegen die elektronischen Exemplare bin.

Die Veterinärmedizinische Fakultät Wien erinnert mich in ihren Ausmaßen an die TIHO Hannover, eine beeindruckende eigene kleine Stadt, sogar mit personell besetzter Wache, wie die Soldatenfrau in mir das nennt. Wir nehmen am nächsten Morgen den Hörsaal F mit typischer Bestuhlung und einem Zuchtstuten- Untersuchungsstand vor der Tafel in Beschlag. Nicht nur bei mir werden Erinnerungen an die studentische Vergangenheit wach.

Herr Schacht beherrscht selbstverständlich sein interessantes Thema, das er im Wesentlichen auch in seinem gleichnamigen Buch praxisnah beschrieben hat. Darüberhinaus lädt er seine Zuhörer heute auf eine sehr kurzweilige historische Rundreise ein über die Beziehung Mensch/ Pferd und dessen zahllose wechselnde Nutzungen samt Auswirkungen auf das Exterieur. Trotz enormer Wissensvermittlung bleiben dank des lockeren und praxisbezogenen Vortrages alle am Ball. Das mag ein wenig auch an unserer Versorgung durch einen Essensservice geschuldet sein, der nur mit dem Adjektiv erstklassig umschrieben werden kann.

Nachmittags geht es zum praktischen Teil in die Reithalle. Sechs Reiter zeigen uns erst ihre Pferde aufgetrenst an der Hand, wobei Herr Schacht ihr Exterieur treffend und nachvollziehbar beschreibt. Anschließend sehen wir alle Kandidaten nunmehr unter dem Sattel. Und das war eindeutig das Spannendste: das Pferd mit den augenscheinlichsten Mängeln rangierte in Sachen Takt, Anlehnung, Schwung und Eindruck von zufriedenem Pferd zweifelsfrei ganz vorn! Kommentar C.Schacht: Fehlergucker ausgebremst!

Exterieur ist gut, macht aber nur ca.25% des Erfolges eines Reitpferdes aus! Das macht uns Züchtern doch Hoffnung und mir persönlich noch mehr Gewissheit, dass mein Hauptaugenmerk Rittigkeit weiterhin die richtige Zielsetzung ist.

Der zweite Moment, bei dem die Kompetenz des Referenten eindrucksvoll zum tragen kam, waren die individuellen Übungen, die er die Reiter nach kurzem Vorreiten befolgen ließ. Die Besonderheiten des jeweiligen Exterieurs schaften jedem Reiter ein besonderes Problem, was nach wenigen Anleitungen von Herrn Schacht so augenscheinlich gebessert war, dass er nicht nur die Reiter zum strahlen brachte. Auch wir Teilnehmer spendeten aus Überzeugung unseren Applaus. Wien war eine Reise wert!

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