• 25. Juni 2020

Große Freude und Hengstwahl - Qual der Wahl?

Diese unscheinbaren schwarz-weiß Bilder am Monitor des Tierarztes sind es, die Züchterherzen höher schlagen lassen, denn hier signalisiert das Fohlen des nächsten Jahres: Hurra, ich bin schon unterwegs auf meiner langen Reise!

So geschehen heute bei meiner Fojana, die mir mit dieser Trächtigkeit ein ganz warmes Glücksgefühl beschert hat. Ein paar Gedanken, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist.

Alle Jahre wieder liegen beim verantwortungsvollen Züchter Pflicht, Recht, Leidenschaft und Gestaltung der zukünftigen Pferdepopulation, wenn er die passenden Partner für seine Stuten aussucht.Der Weg zu dieser Entscheidungsfindung ist selten kurz, je ambitionierter, desto länger.

In Zeiten ohne Virus ist diese Phase geprägt von reichlich Lesestoff zu Hause und vielen Reisen zu Orten, wo man live Hengste und/oder eventuell Nachzucht zu sehen und zur näheren Begutachtung bekommt.  Manchmal - wie bei mir mit  Fojana und High Motion 2019 geschehen  - ist die erste Idee die beste und kann im Laufe der Suche einfach nicht mehr getoppt werden.

Diesmal war es eine Suche, die deutliche Zickzacks aufwies, aber für mich ein Ende mit einem richtig guten Gefühl aufweist.

Der Reihe nach:

1) High Motion/ T. von Saint Cyr - Summertime

Eine Wiederholungsverpaarung - ein sehr gutes Fohlen vorrausgesetzt - ist eine bequeme Sache. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass meistens nur e i n wirklich gutes Fohlen fällt. Außerdem bin ich als Züchterin mit nur einer Zuchstute viel zu neugierig, was genetisch in meiner Stute steckt. Für mich 2020 - trotz des höchst qualitätsvollen Haxleys - also keine gute Option.

2) Don Schufro von Donnerhall - Pik Bube

Eine absolut gesetzte  Verpaarungsidee, allerdings unbedingt verbunden mit dem Wunsch nach einem Stutfohlen als ihrer Nachfolgerin. Dies hat bei Fojanas Alter (7) und Fohlenanzahl (2) wirklich noch keine Eile.

3) Wicked Game Woodlander von Wild Child- St.Moritz

Meine ungebrochene Vorliebe, ja Liebe zu diesem modernen Hengst mit seinen tollen Reiteigenschaften begann in Riem im Frühjahr 2019, als er in meinem Beisein überraschend 14-Tage Test und Sportprüfung zu recht überlegen gewann.

Drei natürlich gute Grundgangarten wie ich sie bevorzuge, eindeutig kopfklar und rittig, ein prima funktionaler Hengst.

Unabhängig davon, dass meine Live Besichtigung 2020 wegen Corona ausfallen musste - das Gestüt Schwaiganger hat statt dessen ein wirklich sehenswertes aktuelles Video  von ihm im Freien ins Netz gestellt - bleibt er momentan züchertisch ein unbeschriebenes Blatt. Bestimmte Faktoren wie Gesundheit und  Vererbung sind dabei nicht mehr als reichlich Fantasie bzw. Wahrscheinlichkeit nach seinen Vorfahren.

Als Alternative suchte ich demnach einen weiter ausgebildeten, erfolgreichen Hengst mit möglichst vorhandener Nachzucht.

Ich fand ihn bald in

4) Burlington FRH von Breitling - Absatz:

Auch er bedient alle Punkte, auf die ich bei der Auswahl soviel Wert lege, wie Genetik abseits vom Mainstream und nicht verwandt mit Fojana, gesundes Fundament, moderne Grundgangarten ohne Überbewertung des Trabes, eher keinerlei Abstriche hinsichtlich Schritt, Rittigkeit für Amateur und Profi nebst Ausgleich von Fojanas schwachen Seiten.

Seine sportliche Erfolgsliste mit einer jungen, unerfahrenen Reiterin ist über allen Zweifel erhaben. Kurz, er fügt den Argumenten für Wicked Game weitere Highlights hinzu, aber....

irgendwie wollte der Funke beim betrachten der Videos nicht so recht überspringen. Vielleicht wäre mir die Entscheidung leichter gefallen, wenn ich ihn hätte besuchen können. So jedoch geriet ich beim schauen seiner Videos auf eines von einem Fremdling, der mich von der ersten Minute an geradezu elektrisierte:

5) Taurus von Toto Junior - Apache

Ein ungeprüfter Junghengst aus den Niederlanden, gekört und prämiert in Westfalen, mit einer - wie Rainer es ausdrückte - exotisch interessanten Abstammung und doch irgendwie sofort einen Faden zu Fojana spannend. Kopfklar und sanftmütig wie sie ist , könnte ich mir zum ersten Mal eine gewisse Steigerung der Kernigkeit bei ihr gut passend vorstellen.

Dem ersten Eindruck seiner beeindruckenden Erscheinung (selbst als Fohlen), bei der Körung und erst recht in den ersten Wochen unter dem Sattel folgte, mit Ausnahme eines Liveeindruckes,  emsig gründliche Recherche.

Muttervater Apache habe  ich von etlichen Hengstschauen im Rheinland mit herrlichem Typ und hochwertigem Schritt in allerbester Erinnerung. Totilas bzw sein Sohn Toto junior bringen die von mir so geschätzte  Heterosis und ebenfalls gesicherte Rittigkeit ins Spiel. Die vielen sporterfolgreichen Verwandten - sogar seine Mutter war bis M ausgebildet - sprechen für ihn. Aber am meisten ist es doch er selbst mit seinen Reitpferdepoints, der nicht nur mich in den Bann gezogen hat. Ein Sympathikus, der einem Reiter Reitvergnügen pur verspricht, auch wenn der öffentliche Prüfungsnachweis noch fehlt. 

Selbst von seiner Fruchtbarkeit wird auf der Station bestes berichtet.

Neben den sogenannten harten Eigenschaften den Hengst betreffend, zählen durchaus auch sogenannte weiche Eigenschaften wie Decktaxensplitting, kompetente und transparente Beratung mit pferdefreundlichem Beritt des Hengstes zu den Fakten, die man als kleiner Züchter gerne unterstützt.

Schlussendlich wage ich mit dieser Verpaarung einmal den Versuch, ein vermutlich bereits als Fohlen augenfälliges, begehrenswertes Pferd ins Leben zu rufen. Wicked Game und Burlington FRH bringen mit Sicherheit Nachzucht, deren große Stärke erst unter dem Sattel so richtig aufblüht. Das ist normalerweise für mich  kein Nachtteil, sondern eher der Sinn und das Ziel einer gesunden Pferdzucht. Lissaro, Imperius, Royal Doruto oder auch Benicio, meine Hengstwahl in der Vergangenheit, sind weniger Fohlen- als Reitpferdemacher. Irgendwie kommt mir dieses Jahr unter diesen Umständen soviel Solidität nicht passsend vor. Möge mich mein gutes Bauchgefühl für diese Entscheidung mit diesem trotz seiner Jugend rundum sympathischen Hengst nicht täuschen!

Zurück zur Übersicht